Glossar der wichtigsten Begriffe im Liber de triplici motu

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DOI

10.34663/9783945561096-08

Citation

Trzeciok, Stefan Paul (2016). Glossar der wichtigsten Begriffe im Liber de triplici motu. In: Alvarus Thomas und sein Liber de triplici motu: Band I: Naturphilosophie an der Pariser Artistenfakultät. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

Der Glossar soll dem besseren Verständnis der Fachbegriffe im Liber de triplici motu und in dessen Übersetzung dienen, aber auch eine Art mind catalogue des mathematisch-naturphilosophischen Denkens der Zeit um 1500 u. Z. darstellen. Deutlich zu unterscheiden sind dabei die Begriffe, die als gegeben angenommen werden, und diejenigen, die diskutiert werden, wie sie am besten in das aristotelische Gedankengebäude zu integrieren sind. Die Begriffe der ersten Unterteilung stellen somit eine Art common ground dar, auf dessen Grundlage die eigentlichen zeitgenössischen Fragen diskutiert wurden. Dies repräsentiert einen wichtigen Aspekt des shared knowledge seiner Zeit. Bei den letzteren Begriffen handelt es sich häufig um definitiones, die als Einführung in den Kontext meist ohne Diskussion dargelegt werden, oder um opiniones, die in den quaestiones untersucht werden. Im Glossar zu finden sind in letzterer Hinsicht nur die opiniones, denen Alvarus sich anschließt. Auch diese Begriffe sind ein Teil des shared knowledge, der allerdings in seiner Verwendung problematisiert wurde. Parallel zu der Einordnung in die diskutierte und undiskutierte Begriffe findet in diesem Glossar eine Einteilung nach Fachvokabularen statt, und zwar in methodische, mathematische und naturphilosophische Begriffe.

Hervorzuheben ist erneut, dass ein Leser zum Verständnis dieses Buchs bereits relativ viel Wissen haben muss. Beispielsweise ist es verwunderlich, dass der Begriff motus in seinen vielfältigen species, wie es bei Aristotelis zu finden ist, bereits im Liber de triplici motu vorausgesetzt wird. Auch andere Konzepte von Aristotelis werden zum Studium dieses Buches vorausgesetzt: Materie, Form, species. Die mathematischen Termini finden sich zumeist schon in der Arithmetik des Boëthius. Oft wird aber auch auf Euklid verwiesen. Auf Gräzismen, wie sie nicht unüblich in dieser Zeit sind, hat Alvarus Thomas verzichtet.

Die Form eines Glossars soll zudem als eine Alternative zur deskriptiven Beschreibung von einzelnen quaestiones oder tractatus angesehen werden, wie man es bei Edith Sylla oder Heinrich Wieleitner oder auch in den Kapiteln zu Oresme und Politus in diesem Buch findet. Der Vorteil ist vor allem, dass so ein übersichtlicherer Zugang zum gesamten Fachvokabular Liber de triplici motu möglich ist. Die Idee entstand aus der Frage heraus, wie man mit einer solchen Textmenge wie bei Alvarus Thomas umgeht, ohne sich in den vielen Syllogismen und der oftmals verwirrenden Beweisführung zu verlieren. Technisch ermöglicht wurde dies durch die Elektronifizierung des Textes in das Format XML. Somit konnten über die Suchfunktion des Textbrowsers Arboreal schnell die betreffenden Stellen ausfindig gemacht werden, an denen deutlich wird, wie Alvarus Thomas die im Glossar vorhandenen Terme verwendet hat.

Auf die Einarbeitung der Transkription beziehungsweise des lateinischen Textes in den Fließtext wurde wegen der Vielzahl der zitierten Stellen in diesem Anhang verzichtet. Der lateinische Text findet sich immer in den Fußnoten.1

Begriffe, die Alvarus Thomas nicht definiert

Methodische Begriffe

antecedens

Siehe syllogismus.2

conclusio

Die conclusio, in anderen Übersetzungen meist als Schlussfolgerung übersetzt, tritt im Liber de triplici motu als der Teil der quaestio auf, der die Ergebnisse der vorherigen Überlegungen verzeichnet. Sie unterscheidet sich von der consequentia dadurch, dass sie Schlussfolgerungen innerhalb einer größeren Fragestellung bezeichnet, während mit consequentia eine Schlussfolgerung innerhalb eines Syllogismus gemeint ist. Jede quaestio kann eine oder mehrere conclusiones beinhalten, jede conclusio kann wiederum einen oder mehrere Korollare  untergeordnet haben. Sie befinden sich im Liber de triplici motu in der Regel vor den argumenta ante oppositum.

consequens

Siehe syllogismus.3

consequentia

Die consequentia ist ein Fachterm der mittelalterlichen Logik. Sie bezeichnet „einerseits eine konditionale Aussage und [ist] als solche entweder wahr [(consequentia vera)] oder falsch [(consequentia falsa)]; sie wird andererseits vielfach als eine Folgerung oder Schlussregel angesehen und als solche ist sie gültig (consequentia bona) oder ungültig (consequentia mala).“4 Der Begriff steht bei Alvarus Thomas in der Tradition von Walter Burleigh, der den Syllogismus als untergeordnetes Lehrstück der Logik wahr nahm.5 Bei Alvarus Thomas findet er in dieser Form seine Anwendung.

corrolarium

Als Korollar werden in der Mathematik und Logik Aussagen bezeichnet, die bereits bewiesen worden sind oder leicht aus einem vorangegangenen Abschnitt abgeleitet werden können. In diesem Sinne verwendet auch Alvarus Thomas den Term. Oft finden sich hinter conclusiones ein oder mehrere corollaria. Aber auch den suppositiones einer quaestio können Korollare folgen.

definitio

Definito – häufig ist im Liber de triplici motu die Schreibvariante diffinitio zu finden – ist die Bestimmung eines Begriffs. Der Einfluß der „Etymologien“ des Isidor von Sevilla oder des De definitionibus liber von Marius Victorinus, die 15 Arten von definitiones unterscheiden, scheint bei Alvarus Thomas gering zu sein.6 Es werden keine Attribute zu definitio verwendet.

divisio

Das Wort divisio findet im Liber de triplici motu Anwendung in zwei verschiedenen Bedeutungen:

1Mathematisch gesehen ist es die Teilung einer Zahl, einer proportio oder einer proportionalitas.

2Im kategorischen Sinn wird die Aufteilung eines Oberbegriffs in mehrere Unterbegriffe ebenfalls als divisio bezeichnet.

dubitatio

Der Begriff hat seit Augustinus eine hervorgehobene Bedeutung in der Erkenntnislehre, sowohl theologisch wie auch in den einzelnen scientiae.7 Die dubitatio ist ein Teil der quaestio, der meist am Anfang einer quaestio steht. Als solchen bezeichnet sie die in der quaestio zu überprüfenden Fragen oder Fragestellungen. Häufig wird die quaestio mit einem Satz, wie zum Beispiel dubitatur utrum... an..., eingeleitet.

genus

Genus bezeichnet laut Aristotelis das, „was von mehreren und der Art nach verschiedenen Dingen bei der Angabe ihres Was oder Wesens (ἐν τῷ τί ἐστιν) prädiziert wird“.8

maior et minor

Siehe syllogismus.9

notabile

Die notabile ist ein Teil der quaestio, aber sie ist für diese nicht obligatorisch. In der notabile werden Hintergrundinformationen zur Beantwortung einer quaestio dargelegt, teilweise werden ausführlich opiniones und definitiones dargestellt, teilweise nur kurz die traditionellen Lehrmeinungen zusammengefasst.

opinio

Die opinio bezeichnet meist die sententia einer bestimmten Person, die im Gegensatz zur opinio einer anderen Person steht. Sie kann auch eine Definition sein.

propositio et propositum

Eine propositio ist ein Vorschlag der Bedingungen, nach denen eine quaestio gelöst werden soll. Innerhalb einer Frage können mehrere propositionen auftauchen.

petitio

Die petitio ist eine Annahme im Sinne einer These, die von der suppositio unterschieden werden muss.

quaestio

Als quaestio bezeichnet Alvarus Thomas die Fragestellung des Verfahrens der quaestio beziehungsweise der inquisitio.

ratio

Die ratio wird im Liber de triplici motu in zwei Bedeutungen verwendet:

1Alvarus Thomas verwendet ratio in seiner allgemeinen Bedeutung als Erwägung, Rechnung, Berechnung oder Vernunft.

2Der Begriff ratio wird ebenfalls im Sinne von Argument als Teil der quaestio benutzt.

replica

Die replica ist die Antwort auf eine ratio oder eine objectatio. Auch die Beantwortung einer replica wird als replica bezeichnet.

responsio

Die responsio bezeichnet die Antwort im Allgemeinen Sinne. Manchmal wird sie auch als Synonym zu replica verwendet.

sequela

Sequela ist eine spezielle Form der replica beziehungsweise der ratio. Sie antwortet auf die vorhergehende ratio in Form eines hypothetischen Gegenbeweises, der die vorhergehende ratio unwahr scheinen lässt. Der sequela kann durch eine sie betreffende, zweite sequela auch widersprochen werden.

species

Der vielfältig übersetzte Begriff species, gleich Aussehen, Anblick, Bild, Gestalt, Erscheinung, Schein, Vorstellung, Begriff oder Idee tritt im Liber de triplici motu immer im Sinne von „Art einer Gattung“ auf.10

suppositio et suppositum

Die suppositio ist ein Teil der quaestio und bezeichnet Annahmen im Sinne von Hypothesen, die zur solutio der quaestio beitragen. Sie ist von Annahmen im Sinne von Thesen zu unterscheiden.11 Sie können gültig oder ungültig beziehungsweise wahr oder falsch sein. Manchmal sind es definitiones. Die Verwendung unterscheidet sich von der mittelalterlichen Verwendung im Bereich der Semantik.12

syllogismus (antecedens et consequens, maior et minor)

Antecedens et consequens, maior et minor, consequentia sind Fachausdrücke der mittelalterlichen Logik. Die erste Prämisse oder Vordersatz einer logischen Schlussfolgerungen, der consequentia, wird als antecedens oder maior bezeichnet. Die zweite Prämisse oder der Nachsatz heißen dagegen consequens oder minor. Sie haben in der Argumentation anfangs einen Wahrheitsanspruch, müssen aber im Folgenden nicht wahr sein.

syncategorema

Syncategorema bezeichnet „generell einen solchen sprachlichen Ausdruck, der, wie z.B. ‹nullus› (kein), ‹aliquis› (irgendein), ‹an› (ob) oder ‹contingenter› (zufällig), erst in Verbindung mit einem Kategorem, d.h. einem Nomen oder Verb, eine vollständige Bedeutung erhält, für sich allein genommen aber nichts Bestimmtes.“13 Dieser Begriff hat erst in der mittelalterlichen Logik eine terminologische Aufwertung bekommen.14

Mathematische Begriffe

aggregatum

Das aggregatum bezeichnet das Ergebnis einer Addition. Deutlich wird es zum Beispiel aus folgender Formulierung: „Der mittlere [Term] zwischen zwei ungleichen [Termen] ist das Mittel des Aggregatums aus jenen [zwei ungleichen Termen].“15 Ein aggregatum kann rational oder irrational sein.

basis

1Basis taucht im Liber de triplici motu in zweierlei Bedeutung auf: Als geometrischer Begriff wird unter basis die Basis eines gleichschenkligen Dreiecks verstanden.

2Basis wird im Sinne von „Grundlage“ oder „Voraussetzung“ verwendet.16

continuus

Der Term wurde mit dem Lehnwort „stetig“ übersetzt. Er findet sich in Zusammenhang mit Gleichförmigkeit und Ungleichförmigkeit.

costa

Als costa, eigentlich Rippe, wird im Allgemeinen die Seite eines Dreiecks bezeichnet. Die basis ist eine Sonderform der costa.

decrementum

Decrementum wird als Abnahme verwendet.

diameter

Diameter ist die Bezeichnung für die Diagonale eines Quadrats.

differentia

Als differentia wird die mathematische Differenz im Sinne des Ergebnisses einer Subtraktion bezeichnet.

dimensio

Jede qualitas eines Körpers, die quantifiziert werden kann, hat eine dimensio. Eine dimensio kann gleichförmig, gleichförmig ungleichförmig oder ungleichförmig ungleichförmig sein. Die dimensio ist von extrema begrenzt. Zu dimensiones anderer Qualitäten kann sich eine dimensio gleich, ungleich oder ähnlich verhalten. Sie können mehrfach sein, wie folgende Passage deutlich macht:

„Kein vollendeter Quader könnte gleichförmig vermindert werden bis zu keinem Irgendwievielten, wenn [seine] dreifache Dimension, nämlich die Länge, die Breite und die Tiefe, gleichförmig von keinem Irgendwievielten verkleinert wird.“17

divisio

Siehe divisio in 7.1.1 Methodische Begriffe.18

latitudo

Siehe latitudo in 7.1.3 Naturphilosophische Begriffe.19

pariter par

Pariter par ist die Eigenschaft einer geraden Zahl in Bezug auf eine andere gerade Zahl. Eine Definition des Terms, der nur adjektivisch in Bezug auf Zahlen gebraucht wird, findet sich bei Boëthius in der Arithmetik. Es heißt:

Pariter par ist eine Zahl, die in zwei gleiche [Teile] geteilt werden kann, und jeder dieser Teile in zwei andere gleiche [Teile], und der Teil des Teil [wiederum] in zwei andere gleiche [Teile]. Und das geschehe sooft, bis die Teilung der Teile auf natürliche Weise zur unteilbaren Eins gelangt.“20

Bei Alvarus Thomas werden Proportionalitäten beschrieben, deren Zahlen pariter par zueinander sind. Solche Proportionalitäten sind arithmetisch proportional wie folgendes Beispiel eines Korollars aus dem Liber de triplici motu zeigt:

„Es folgt weiter darüber hinaus, dass Verhältnisse, [zum Beispiel] doppelte, vierfache, achtfache, sechzehnfache, zweiunddreißigfache [Verhältnisse und] folgerichtig so weiter beim Aufsteigen nach pariter pares Zahlen stetig arithmetische proportionale Terme sind, weil sich ja jene Verhältnisse durch ein gleiches Verhältnis übertreffen, z.B. ein doppeltes [Verhältnis]. Denn ein vierfaches [Verhältnis] übertrifft ein doppeltes [Verhältnis] um ein doppeltes [Verhältnis]. Und ein achtfaches [Verhältnis] übertrifft ein vierfaches [Verhältnis] auch um ein doppeltes [Verhältnis]. Und ebenso übertrifft ein sechzehnfaches [Verhältnis] ein achtfaches [Verhältnis] um ein doppeltes [Verhältnis]. Daher sind jene Verhältnisse stetig arithmetisch proportional.“21

residuum

Der residuum, als Rest übersetzt in der Übersetzung zu finden, wird in verschiedenen mathematischen Operationen verwendet.

residuum a parte proportionali quavis proportione

Der Rest bei Teilung eines Körpers wird bei Alvarus Thomas beispielhaft anhand eines rationalen Verhältnisses folgendermaßen beschrieben:

„Um den Rest von ersten verhältnismäßigen Teil einzuführen, wird ein Körper in einem beliebigen rationalen Verhältnis geteilt. Man erfasse die Erstzahlen eines solchen Verhältnisses. Und der Körper wird in so viele Einheiten geteilt, wie die größere Zahl jenes Verhältnisses. Und von jenen Teilen erfasse man so viele als Rest vom ersten Teil, wie es die kleinere Zahl eines solchen Verhältnisses ist.“22

Naturphilosophische Begriffe

activitas

Den Begriff activitas benutzt Alvarus Thomas für die Fähigkeit eines Körpers, auf ein Medium oder einen anderen Körper zu wirken. Sie gehört zu den zehn Kategorien von Aristotelis zur Kategorisierung eines ens und ist als Akzidens zu betrachten. Synonym zu activitas verwendet Alvarus Thomas den Begriff potentia activa, wie im folgenden Zitat gezeigt wird, bei dem der Zusammenhang zwischen materia und activitas diskutiert wird.

„Das Vermögen einer Sache wird nicht nach der multitudo der Materie ermittelt. Denn dann würde folgen: Wo auch immer etwas mehr an Materie wäre, dort wäre mehr an aktiven Vermögen der Sache. (Denn wir sprechen [so] über das aktive Vermögen.) Aber der Nachsatz ist falsch. Daher [ist es auch] das, aus dem er folgt.“23

Die activitas korreliert mit der Fähigkeit eines Körpers oder eines Mediums, diese potentia activa zu erdulden.

basis

Siehe basis in 7.2.1 Mathematische Begriffe.24

capacitas

Als capacitas wird die Aufnahmefähigigkeit des menschlichen Verstandes im Liber de triplici motu bezeichnet. Sie wird in diesem Werk nicht quantifiziert. Hervorgehoben wird allerdings, dass die capacitas des menschlichen Verstandes begrenzt und endlich ist. Ein typisches Beispiel ist folgendes:

„Und der Mensch glaubt nicht, dass er durch seine mit Termen verschlossenene intelligentia und mit begrenzter Kapazität die allgemeine Weite der natürlichen Dinge und die riesigen, ungleichförmigen Bewegungen erfasse und verstehe.“25

compossibilis et incompossibilis

Kompossibel beziehungsweise nicht kompossibel können Qualitäten zueinander sein, je nachdem ob sie gleichzeitig möglich sind. Alvarus Thomas verwendet diesen Term in der Diskussion über gegensätzliche Qualitäten. Dort findet sich folgender Hinweis an den Leser:

„Du wirst auch gültig sprechen, indem du unterscheidest, wenn der Philosoph meint, dass es so wäre, dass nicht kompossible, gegensätzliche Qualitäten entweder körperlich wären – und so verneine ich das – oder spiritual und in ausgedehnten [Qualitäten wären], wie es der Wille und der Nichtwille ist, die Zustimmung zu einer Widerspruch und die Ablehnung desselben, das aktuale Wissen und die aktuale opinio in Bezug auf dasselbe – und so gestehe ich als wahr zu, weil solche sich in irgendwelchen Stufen auch immer widersetzen, körperliche aber keineswegs.“26

generatio

Generatio bezeichnet das Erschaffen oder die Erzeugung einer Sache, beispielsweise Verhältnissen oder bestimmten species von Verhältnissen. So finden sich zahlreiche Verwendungen des Begriffs wie „Die Erzeugung unendlicher species eines irrationalen Verhältnisses.“27 Die generatio steht in Abgrenzung zu dem Begriff extensio, wobei generatio immer eine Erschaffung einer Sache bedeutet, die vorher nicht da war, unter extensio aber eine Vergrößerung einer bestehenden Qualität zu verstehen ist. Extensio und generatio sind spezifische progressiones. Dies wird beispielsweise an folgender Stelle deutlich:

„Nun denn bleibt es übrig, einige conclusiones über die Geschwindigkeit und die Langsamkeit einer Bewegung gemäß der Ursache in einem Medium darzulegen, das nicht widersteht, in dem eine progressio, eine Erzeugung oder eine extensio der latitudo eines Widerstands zum Teil gemäß dem Subjekt stattfindet.“28

gradus

Der gradus gibt den quantitativen Wert einer qualitas auf einer latitudo an. Nur bei Zeit, Strecke und Gewicht werden auch für die Qualitäten spezifische Einheiten wie Meile oder Stunde verwendet. Daher wurde in dieser Übersetzung für gradus Stufe verwendet, um die Assoziation mit dem heutigen Verständnis von Grad zu vermeiden. Gradus ist in den aufgezeigten Beispielen von Alvarus Thomas immer ganzzahlig, aber dies ist der Praktikabilität der Mathematik geschuldet, um die Berechnung von komplizierten Brüchen zu vermeiden. Deutlich wird dies dadurch, dass beispielsweise die Zunahme einer Geschwindigkeit als stetig betrachtet wird und nicht in Sprüngen von einem gradus zum darauf folgenden ganzzahligen gradus.

incompossibilis

Siehe compossibilis et incompossibilis.29

instantia

Instantia nutzt Alvarus Thomas für die Bezeichnung des Augenblicks bzw. eines feststehenden Zeitpunkts.

latitudo

Latitudo wird in zwei unterschiedlichen Bedeutungen bei Alvarus Thomas verwendet.

1Im geometrisch physikalischen Sinn wird latitudo als Breite oder horizontale Länge verstanden. Ein Beispiel wäre Folgendes:

„Das Verhältnis vollendeter und ebenso gleichförmig gleich tiefer Quader ist das quadrierte Verhältnis der Seiten. Ich nenne einen Quader vollendet, von dem alle Seiten gleich und alle Winkel rechte [Winkel und] gleich sind. Verstehe dies dennoch nicht [derart], dass ich sagen möchte, dass alle Seiten gleich sein müssen hinsichtlich jeder Dimension, sondern nur hinsichtlich Breite und Länge!“30

2Als latitudo wird ebenfalls die Intensität einer Qualität im Liber de triplici motu bezeichnet. Eine solche latitudo unterteilt sich in ganzzahlige gradus, wird aber stetig gedacht. Im 18. Jahrhundert wird das Wort im Sinne von Spielraum verstanden.31 Dies ist bei Alvarus Thomas nur bedingt der Fall, weil die latitudo konkret immer nur einen spezifischen Wert hat und daher nicht im Sinne von Werten innerhalb eines Spielraums verstanden werden kann. Andererseits werden latitudines von potentiae gedacht, die dem Gedanken des Spielraums von Kraft nicht fern stehen. Zudem wäre falsch, bereits eine Skala mit dem Begriff latitudo zu assozieren, denn es ist anzweifelbar, dass der Wert in diesen Fällen auch als Produkt von Zahlenwert und Maßeinheit verstanden wird.32

mobile

Siehe res mobilis et mobile.33

motor

Motor bezeichnet den Beweger eines Körpers. Durch die Verwendung dieses Begriffs wird der aristotelische Rahmen des Bewegungsbegriffs bei Alvarus Thomas sehr deutlich. Ausgegangen wird davon, dass jeder nicht lebende Körper sich erst bewegt, wenn er von einem motor gezwungen wird, dies zu tun.

motus

Unter Bewegung werden bei Alvarus Thomas der motus localis, die alteratio sowie die generatio et corruptio verstanden.34 Das erklärt den Begriff der „dreifachen Bewegung“ bei Alvarus Thomas. Das Konzept der motus wurde vor Aristotelis höchstwahrscheinlich nie definiert, und auch die aristotelische Beschreibung im dritten Buch der Physik mag im Einzelnen mehr Fragen aufwerfen, als dass sie eine präzise Definition darstellt.35 Unter einer motus wird letztendlich jegliche Veränderung in der Natur verstanden. Bei Alvarus Thomas wird meist über sublunare Bewegungen gesprochen, obwohl das nirgendwo explizit geschrieben steht. Nur in wenigen Bezügen – wie in Bezug auf die einfachen musischen Proportionalitäten – wird auf die Bahnen der Planeten beziehungsweise auf die „Sternenkunde“ verwiesen.36 Die Anzahl der einzelnen species von Bewegung ist in der frühen Neuzeit umstritten, je nachdem ob man einzelne species als eine Sonderform einer anderen species einordnete. Für Alvarus Thomas war die augmentatio beispielsweise eine Sonderforrm der motus localis, während sie Thomas Bradwardine als einzelne species motus aufführt.

multitudo

1Die multitudo ist der Begriff, der die Gesamtheit einer quantitativen Eigenschaft eines ens beziehungsweise einer res angibt. Anwendung findet er zum Beispiel in Bezug auf die materia eines Körpers.37

2Von multitudo wird auch in Hinsicht auf den quantifizierten Wert einer Qualität bei der alteratio gesprochen, zum Beispiel der Wärme oder der Dichte einer res. Hier könnte man den Term mit dem Wort Anzahl übersetzen. Diese Anzahl wird in gradus angegeben. So heißt es beispielsweise:

„Und die ratio ist, dass die Geschwindigkeit der Bewegung einer alteratio nicht nach der Quantität ermittelt werden muss oder der multitudo der Stufen der erzeugten Qualität, die in derselben Zeit absolut ist, sondern in der Ordnung zum Subjekt, das alteriert. Um wie viel daher das Subjekt größer wird, um so viel wird die Geschwindigkeit der alteratio größer sein, wenn die übrigen [Gegebenheiten] gleich bleiben.“38

3Von multitudo kann auch in Hinsicht auf die Form einer materia gesprochen werden. So heißt es:

„Daher sage ich es wie der Kalkulator im Kapitel über das Vermögen einer Sache, dass das aktive Vermögen einer essentialen Sache nach der multitudo der Form in der Materie ermittelt werden muss.“39

qualitas

Die qualitas ist eine der zehn aristotelischen Kategorien. Sie fragt danach, wie eine Sache beschaffen ist. Sie zählt zu den aristotelischen Akzidentien.

quantitas

In der Metaphysik definiert Aristotelis die Quantität folgendermaßen: „Ein Quantitatives nennt man das, was so in Bestandteile zerlegbar ist, daß jeder davon, zwei oder mehrere, seiner Natur nach ein Eines und ein bestimmtes Einzelnes ist. Menge ist ein Quantitatives, wenn es zählbar, Größe, wenn es meßbar ist. Menge aber nennt man, was potentiell in Nichtstetiges, Größe aber, was in Stetiges zerlegbar ist.“40 In der Übersetzung des Liber de triplici motu wurde statt Menge immer Quantität übersetzt.

res activa et passiva

Die res activa ist in naturphilosophischen Sinne ein Körper oder ein Medium, der oder das auf einen anderen Körper oder im Falle des Körpers auf ein anderes Medium wirkt. Die res passiva ist dagegen ein Körper oder ein Medium, auf den oder das eine res activa wirkt. Die beiden Terme stehen in enger Verbindung mit zwei der zehn so genannten aristotelischen Kategorien eine res zu beschreiben, und zwar mit der neunten und zehnten, dem ποιεῖν (schaffen, erzeugen) und dem πασχεῖν (erleiden, erdulden). Sie werden nicht einzeln verwendet, sondern Alvarus Thomas benutzt sie als Korrelativa.

resistentia

Im Allgemeinen bedeutet es Widerstand. Meist definiert er sich als eine graduierbare virtus, gegen die eine potentia agiert. Im Hinblick auf die lokale Bewegung ist die resistentia die Eigenschaft des medium, in dem sich ein mobile bewegt, die zu der Bewegung dieses mobile entgegengesetzt wirkt. Eine solche resistentia kann gleichförmig, gleichförmig ungleichförmig und ungleichförmig sein. Teilweise wird auch der spatium, in dem ein Widerstand wirkt, kurz als resistentia bezeichnet.41

res mobilis et mobile

Als res mobilis oder kürzer und grammatisch Neutrum mobile wird ein nicht lebender Körper verstanden, der in einem spatium bewegt wird oder sich darin bewegt.

res passiva

Siehe res activa et passiva drei Einträge weiter oben.

Begriffe, die Alvarus Thomas definiert

Mathematische Begriffe

aequalitas et inaequalitas

Aequalitas und inaequalitas, also Gleichheit und Ungleichheit, ist ein grundlegendes Konzept innerhalb der Proportionslehre. Die beiden Terme sind das Abstraktum beziehungsweise das negative Abstraktum des Adjektivs aequus. Mehrere Zahlen, Verhältnisse, Proportionalitäten und mathematischen Terme können zueinander gleich oder ungleich sein. In Hinsicht auf die aequalitas haben sie denselben Wert, in Hinsicht auf die inaequalitas muss der Wert der Zahlen, Verhältnisse und Proportionalitäten unterschiedlich sein.42

commensurabilitas

Der Begriff wurde mit dem Term „Kommensurabilität“ übersetzt. Etymologisch bedeutet commensurabilis „zusammen messbar“. Grundsätzlich sind in der Mathematik zwei Größen kommensurabel, wenn sie ganzzahlige Vielfache einer dritten Größe sind. Der Term wurde von den Elementa des Euklid geprägt, der ihn auch als Negativum, also Inkommensurabelität, verwendet. Der Term spielt bei Nicol Oresme bereits eine große naturphilosophische Bedeutung, wenn er fragt, ob die Himmelsbewegungen durch kommensurable oder inkommensurable Verhältnisse bestimmt werden.43 Bei Alvarus Thomas lautet die Definition folgendermaßen:

„Kommensurabel oder die, die sich in einem rationalen Verhältnis zueinander verhalten, sind diejenigen [Zahlen], von denen derselbe [Teil der einen Zahl] ein irgendwievielter Teil [der anderen Zahl] ist wie 4 und 2, ein Fuß und zwei Fuß. Denn die Eins ist ein irgendwievielter Teil von Zwei und Vier. Und die Hälfte eines Fußes ist ein irgendwievielter Teil von einem Fuß und von zwei Fuß. Dies ist die definitio der kommensurablen [Größen] am Anfang des zehnten Buchs der Elemente des Euklid.“44

Im Weiteren werden auch proportiones commensurabiles definiert. Es heißt: „Jene Verhältnisse sollen kommensurabel sein, von denen dasselbe Verhältnis ein irgendwievielter Teil ist.“45

denominatio

Der Term denominatio wird nicht übersetzt. Es gibt kein deutsches Äquivalent. Zu beachten ist, dass der Term nicht mit dem englischen Term denominator verwechselt wird. Die denominatio unterscheidet sich von der Nenner-Zähler-Konzeption eines Bruchs. Es heißt:

„Die denominatio eines Verhältnisses ist jene [Zahl], die von der größeren [Zahl] der Erstzahlen eines solchen Verhältnisses genommen wird, wie zum Beispiel die denominatio eines doppelten [Verhältnisses] von der Zwei genommen wird, die die größere [Zahl] der Erstzahlen eines doppelten Verhältnisses ist. Und die denominatio eines anderthalbfachen [Verhältnisses wird] von einer Eins mit der Hälfte [bestimmt].“46

Und etwas später heißt es: „Alle Verhältnisse sind gleich, die gleiche denominationes haben. Und jenes [Verhältnis], dessen denominatio größer ist, ist größer. Und jenes [Verhältnis] ist kleiner, dessen denominatio kleiner ist. Aber jene denominatio wird größer genannt, die von der größeren Zahl mit Bruch oder ohne [Bruch] genommen wird oder von einer Eins mit einem größeren Bruch.“47

duplus et duplicatus

Duplus und duplicatus wurden mit „doppelt“ und „verdoppelt“ übersetzt. „Verdoppeln“ wird aber nicht das Multiplizieren einer Größe mit Zwei bezeichnet, sondern eine Multiplikation mit sich selbst. Im Deutschen verwendet man dafür „potenziert mit Zwei“ oder „quadriert“. Deutlich wird es an folgendem Beispiel:

„Das Verhältnis der Quadratflächen ist das verdoppelte Verhältnis der Seiten. Dies bedeutet, wenn zwischen den Seiten zweier Quadratflächen irgendein Verhältnis von größerer Ungleichheit besteht, wird zwischen den Quadraten wird ein doppeltes Verhältnis zu dem [Verhältnis] bestehen, das zwischen den Seiten der ausgezeichneten Quadrate besteht. Wenn zum Beispiel zwischen den Seiten zweier ungleicher Flächenquadrate ein doppeltes Verhältnis wäre, würde zwischen den Quadraten ein vierfaches Verhältnis sein.“48

duplicatus

Siehe duplus et duplicatus einen Eintrag weiter oben.

extremum

Der Term wurde in der Übersetzung nicht übersetzt, da er im Deutschen als Fremdwort üblich ist. Zu beachten ist allerdings, dass Alvarus Thomas ihn in unterschiedlichen Kontexten verwendet.

1Mathematisch: Als Extrema werden der höchste und der niedrigste Wert einer proportionalitas oder einer Reihe von Verhältnissen bezeichnet. Beispielsweise sind bei der proportionalitas 9, 4, 1 die Eins und die Neun die Extrema.

2Mathematisch-naturphilosophisch: Als Extrema werden der höchste Wert einer latitudo sowie der niedrigster Wert einer latitudo bezeichnet.

inaequalitas

Siehe aequalitas et inaequalitas.49

irrationalitas

Siehe rationalitas et irrationalitas.50

medium

Im Liber de triplici motu gibt es zwei unterschiedliche Verwendungen des Terms medium. Einerseits wird der Term mathematisch, andererseits im naturphilosophischen Sinn genutzt:

1Mathematisch definiert Alvarus Thomas medium folgendermaßen: „Ein Medium ist [das], was von beiden Extrema mit gleichen Abstand entfernt ist, wie die Zahl Drei das Medium zwischen der Vier und der Zwei ist, weil sie durch den gleichen Überhang oder durch die gleiche Differenz von jeder der dieser beiden absteht, nämlich durch eine Eins.“51

2Naturphilosophisch ist ein Medium ein Raum, in dem ein Körper bewegt wird. Der Term findet sich meist in den Diskussionen um die lokale Bewegung, spielt aber auch hin Hinsicht auf Licht eine Rolle. Das Medium kann veränderbar sein und es kann dem Körper einen Widerstand entgegensetzen, der im Laufe der Zeit oder an unterschiedlicher Stelle stärker oder schwächer sein kann. Eine typische Verwendung des Begriffs ist im folgenden Beispiel zu sehen:

„Aber gegen die beiden Lösungen wird so argumentiert: Wenn das wahr wäre, dass in dem dargelegten Beispiel dasselbe Vermögen oder ein ihm gleiches [Vermögen] durch einen Widerstand mit einer ähnlichen intensio im größeren Medium stetig schneller bewegt wird als im kleineren [Medium], dann würde folgen, dass es möglich wäre, dass dasselbe Vermögen das doppelte Medium gleich schnell durchschreiten würde wie ein durch 2 geteiltes Medium, durch das es langsamer bewegt wird, solange diese Media ganz und gar auf dieselbe Weise durch denselben gleichförmig ungleichförmigen Widerstand qualifiziert sind.“52

numeri primi proportionis

Die numeri primi eines Verhältnisses wurden mit dem Wort Erstzahlen übersetzt, um nicht mit Primzahlen verwechselt zu werden. Das Konzept der numeri primi eines Verhältnisses ist auf den ersten Blick ungewohnt. Es heißt:

„Die ersten Terme irgendeines Verhältnisses sind jene [Terme], die die kleinsten in ihrem Verhältnis sind. Die kleinsten Terme irgendeines Verhältnisses – ich spreche von einer stetigen Quantität wie auch von einer getrennten [Quantität] – sind diejenigen, deren kleinerer [Term] von einer Eins bestimmt wird, der größere [Term] aber von einer Zahl oder einer Zahl mit Bruch oder von einer Eins und einem Bruch.“53

Das bedeutet beispielsweise, dass die Erstzahlen des Verhältnisses 6 : 2 die Drei und die Eins sein würden. Deutlich zu sehen ist in dieser Quelle auch, dass die Eins nicht als Zahl definiert ist. Die Zahl wird als ein Vielfaches von Eins verstanden.

pars aliquota

Der pars aliquota ist ein Term, der in Bezug auf das Verhältnis rationaler Zahlen Anwendung findet. Er wurde mit „irgendwievielter Teil“ übersetzt. Dabei ist die kleinere Zahl eines Verhältnisses der irgendwievielste Teil der anderen Zahl. Der Term findet sich bereits bei Boëthius in der Arithmetik.54 Bei Alvarus Thomas heißt es:

„Daraus folgt, dass ein rationales Verhältnis aus einer beliebigen Zahl in Bezug zu einer anderen beliebigen Zahl besteht, weil ja die Eins einer beliebigen Zahl der irgendwievielte Teil [der anderen Zahl] ist. Daher ist jene [Zahl] der irgendwievielte Teil, die irgendwieviel Mal zusammengenommen genau sein Ganzes wieder ergibt, wie die Eins der irgendwievielte Teil der Zahl Vier ist, da ja die Eins dreimal genommen der Drei gleichgestellt ist und viermal genommen der Vier. Und die Zwei ist der irgendwievielte Teil der Zahl Acht, weil ja die Zwei genau viermal genommen die Zahl Acht aufstellt. Daher ist es offenbar, dass die Zwei nicht der irgendwievielte Teil der Zahl Sieben ist, weil sie ja irgendwievielmal [auch] genommen nicht genau das Ganze ergibt.“55

proportio

Die proportio ist eine der zentralen und häufigsten Terme im Liber de triplici motu. Übersetzt wurde es mit dem Wort Verhältnis, in der adjektivischen Variante proportionalis mit verhältnismäßig. Dabei ist zu beachten, dass der deutsche Term eine weit umfassendere Bedeutung hat, während der Term bei Alvarus Thomas in einem rein mathematisch-naturphilosophischen Kontext gebraucht wird. Die Geschichte des Terms lässt sich auf das 5. Buch der Elemente von Euklid zurückführen.56 Alvarus Thomas greift bei der Definition des Terms aber vor allem auf die Einführung in die Arithmetik von Boëthius zurück, die wiederum zum großen Teil eine lateinische Paraphrase der Einführung in die Arithmetik von Nikomachos von Gerasa ist.57 Eine ausführliche Beschreibung der Verwendung des Terms findet man bei Alvarus Thomas am Anfang des 1. Teils:

„Jede Zahl und gleichsam jede Quantität, die zu einer anderen Zahl in Beziehung gesetzt wird, (wie Nikomachos sagt und Boëthius im ersten [Buch] der Arithmetik), ist entweder zu dieser [Zahl] gleich oder ungleich. Wenn sie [der anderen Zahl] gleich ist, stellt sie ein Verhältnis von Gleichheit [zwischen beiden] auf. Wenn sie aber [der anderen] ungleich [ist], ergibt sich aus ihr mit der anderen [Zahl] ein Verhältnis der Ungleichheit. Daher besteht ein Verhältnis aus zwei Zahlen oder zwei Quantitäten, [von denen] eine in Bezug auf die andere eine fest stehende Beziehung hat, wie die Beziehung, die zwischen Vier und 4 besteht, diejenige, die zwischen Zwei und Vier ist, oder die, die zwischen einem Fuß und zwei Fuß besteht. Denn Verhältnis ist eine Sammelbezeichnung, die für zwei Sachen oder vielmehr irgendwie viele oder mehrere Sachen annimmt, dass sie durch das Nebeneinanderschreiben gleich seien, oder dass die eine [Zahl] die andere [Zahl] um einen Überhang überträfe.“58

Alvarus Thomas schränkt den Term metaphysisch ein. Es heißt:

„Daher gilt diese Schlussfolgerung nichts: Dieses Verhältnis stellt [genau] ein Verhältnis dar, also ist sie ein Seiendes. Weil sich – wie gezeigt – eine ein Fuß [lange Strecke] und eine zwei Fuß [lange Strecke] nicht als ein Einziges von ihnen konstituieren, ist es wahr zu sagen, dass sie sich in einem gewissen Verhältnis befinden, nämlich einem doppelten [Verhältnis]. Dennoch sind diese zwei [Zahlen] nicht ein Seiendes.“59

Deutlich wird, dass Alvarus Thomas eine proportio nicht als ein eigenständig Seiendes, sondern als im aristotelischen Sinne etwas Teilhabendes versteht. Dadurch tritt der Charakter der Proportionslehre als einer scientia media offen zu Tage. Proportiones sind einteilbar. Dazu heißt es:

„Jedoch ist ein Verhältnis [etwas] Zweifaches: Daher gibt es ein gewisses Verhältnis der Gleichheit, ein anderes aber [ein Verhältnis] der Ungleichheit.“60

proportio aequalitatis

Die proportio aequalitatis ist die Bezeichnung für das Verhältnis zweier gleichwertiger Qualitäten oder Zahlen.

„Das Verhältnis der Gleichheit ist eine Beziehung zweier gleicher Quantitäten oder Zahlen wie die Beziehung, die zwischen 8 und 8 oder zwischen einer ein Fuß [langen Strecke] und einer [anderen] ein Fuß [langen Strecke] ist. Und hier kann sowohl für eine Quantität an Last wie für eine Quantität an virtus als eine Quantität angenommen werden, wie es der selige Augustinus im fünften [Buch] über die Dreifaltigkeit auffasst.“61

Bei dem Verweis auf Augustinus handelt es sich wahrscheinlich um folgende Stelle: „Im geschöpflichen Bereich ist nämlich alles ein Akzidens, was verloren oder verringert werden kann, zum Beispiel Größe, Qualität, auch das, was eine Beziehung zu einem anderen in sich schließt, so zum Beispiel Freundschaft, Verwandtschaft, Dienstbarkeit, Ähnlichkeit, Gleichheit und Ähnliches, auch Lage, Gestalt, Ort, Zeit, Aktivität, Passivität.“62 Das bedeutet, dass alle so genannten Akzidentien quantifiziert und in ein Verhältnis gesetzt werden können, solange sie im aristotelischen Sinne bewegbar sind – also wie Augustinus es ausdrückt, verloren oder verringert werden können.

proportio inaequalitatis

„Aber ein Verhältnis der Ungleichheit ist eine fest stehende Beziehung zweier Quantitäten oder Zahlen, die der einen [Quantität oder Zahl] zur anderen [Quantität oder Zahl] wie das Verhältnis, das zwischen 2 und Vier besteht [oder das zwischen] einer ein Fuß [langen Strecke] und einer zwei Fuß [langen Strecke besteht]. Ebenso gilt von den Verhältnissen der Ungleichheit: Einige sind [ein Verhältnis] größerer Ungleichheit, einige [andere] aber [ein Verhältnis] kleinerer [Ungleichheit].“63

Eine proportio inaequalitatis kann weiterhin unterschieden werden zwischen einer proportio maioris inaequalitatis und einer proportio minoris inaequalitatis. Alvarus Thomas definiert erstere folgendermaßen: „Ein Verhältnis größerer Ungleichheit ist eine Beziehung einer größeren Quantität zu einer kleineren [Quantität] wie die Beziehung, die zwischen Vier und Zwei besteht.“64 Dem gegenüber steht die korrespondierende Definition der proportio minoris inaequalitatis: „Aber ein Verhältnis kleinerer Ungleichheit ist eine Beziehung einer kleineren Quantität zu einer größeren [Quantität], wie die Beziehung der Zwei zur 4.“65 Und im folgenden Korollar heißt es weiterhin zu näheren Erläuterung:

„Daraus folgt, dass diese zwei Bezeichnungen „Verhältnis größerer Ungleichheit“ und „Verhältnis von kleinerer Ungleichheit“ für ein und dasselbe stehen. Dennoch kennzeichnet die Bezeichnung „Verhältnis größerer Ungleichheit“ etwas, bei dem die größere Zahl die kleinere [Zahl] übertrifft. Und folgerichtig kennzeichnet die Bezeichnung „Verhältnis kleinerer Ungleichheit“ etwas, bei dem die in Hinsicht auf die Anzahl oder auf die Quantität kleinere [Zahl oder Quantität] von der größeren [Zahl oder Quantität] übertroffen wird. Und wenn dennoch so ein Verhältnis von größerer Ungleichheit nicht als eine Aggregatum aus Zahlen aufgefasst wird, die ein Verhältnis der Ungleichheit haben, sondern als eine größere Zahl, wird demzufolge ein Verhältnis kleinerer Ungleichheit auch als eine kleinere [Zahl aufgefasst]. Und auf diese Art und Weise sind die Bezeichnungen umkehrbar. Denn indem man es auf diese Weise auffasst, wenn man [zum Beispiel] 8 mit 4 vergleicht, sind die 8 ein Verhältnis der größeren Ungleichheit und die 4 [ein Verhältnis] der kleineren Ungleichheit.“66

Eine proportio inaequalitatis kann auch folgendermaßen eingeteilt werden: „Ebenso ist ein Verhältnis der Ungleichheit [etwas] Zweifaches, weil manche [Zahlen oder Quantitäten] rational sind und manche irrational.“67 Das Verhältnis der proportio inaequalitatis rationalis wird folgendermaßen beschrieben:

„Ein rationales Verhältnis ist jenes Verhältnis, das unmittelbar von einer fest stehenden Zahl oder einem Bruch von Zahlen benannt wird wie zum Beispiel das doppelte [Verhältnis] oder das eineinhalbfache [Verhältnis] und so weiter. Auf andere Art und Weise besteht das rationale Verhältnis aus zwei Quantitäten, die sich folgendermaßen verhalten: Dieselbe [Zahl oder Quantität] ist der irgendwievielte Teil der anderen der beiden [Zahlen oder Quantitäten]. In einem wohlwollenden Sinne sage ich dasselbe.“68

Und zur proportio inaequalitatis irrationalis heißt es:

„Jedoch als irrational gilt jenes Verhältnis, das nicht unmittelbar von irgendeiner Zahl bestimmt werden kann. Auf andere Art und Weise besteht das irrationale Verhältnis aus zwei Quantitäten, die sich folgendermaßen verhalten: Kein irgendwievielter Teil der einen [Zahl oder Quantität] ist der irgendwievielte Teil der anderen [Zahl oder Quantität] wie das Verhältnis, das zwischen der Diagonalen und der Seite [eines] Vierecks besteht. Denn die Diagonale übertrifft die Seite nicht um irgendwievielmal und nicht um irgendeinen Teil irgendwievielmal, noch um irgendwie viele Teile irgendwievielmal, wie weiter unten bewiesen werden wird im Kapitel über das irrationale Verhältnis.“69

proportionalitas

Die Definition der proportionalitas findet sich am Anfang des 2. Teils des Liber de triplici motu. Es heißt:

„Die Proportionalität, die besonders mit der sententia des Nikomachus verbunden ist, trägt dazu bei, die Sternkunde, die Musik und die Vorlesungen der Alten zu verstehen, aber in der Tat bezieht sie sich nicht weniger auf die Physik und die physikalischen Berechnungen. Um sich deren Verständnis zuzuwenden, gilt es, dass es einen Unterschied zwischen einem Verhältnis und einer Proportionalität gibt. Denn ein Verhältnis ist, wie gesagt worden ist, die Beziehung zweier Quantitäten, die wechselseitig aufgestellt werden. Darüber wurde weiter oben gesprochen. Aber die Proportionalität ist die fest stehende Beziehung zweier Verhältnisse oder mehrerer von einen zum anderen. So wie ein Verhältnis sei es die Beziehung von Zahlen oder Quantitäten. Die Proportionalität ist aber eine Zusammenstellung von Verhältnissen. Gleichwie denn Zahlen wechselseitig nach der maioritas oder minoritas aufgestellt werden, so beziehen sich Verhältnisse wechselseitig nach maioritas oder minoritas aufeinander.“70

Und weiter: „Daher rührt es, dass jede Proportionalität ein Verhältnis ist, obwohl sich nicht jedes Verhältnis als Proportionalität heraushebt. Dieses Korollar ist aus sich selbst heraus offensichtlich. Denn ein Verhältnis oder eine Klasse oder etwas an Stelle einer Klasse verhält sich so, als ob die Proportionalität mit diesem Term verglichen wird.“71

Und weiter: „Und achte darauf, dass in dem Vorschlag das Mittel, die Gleichheit und die Proportionalität dasselbe sind und in derselben Art und Weise definiert werden. Denn das Mittel ist die Beziehung zweier oder mehrerer Verhältnisse von einem zum anderen, wie die Beziehung, die zwischen einem doppelten und einem vierfachen Verhältnis ist.“72

Zur Benennung bestimmter proportionalitates heißt es: „Bei den neueren Mathematikern gibt es elf Proportionalitäten oder Mittel, deren letztes das vollendetste ist. Darin findet man alle einfachen musikalischen Klänge. Aber bei den alten [Mathematikern] findet man [noch] drei berühmte Proportionalitäten, nämlich die arithmetische [Proportionalität], die geometrische [Proportionalität] und die musische oder harmonische [Proportionalität].“73

rationalitas et irrationalitas

Beide Begriffe kommen eigentlich nur adjektivisch, also als rationalis beziehungsweise irrationalis vor. Die Verwendung ist rein mathematisch nach der gängigen Vorstellung von rationalen und irrationalen Zahlen. Das am häufigsten verwendete Beispiel einer proportio irrationalis bei Alvarus Thomas ist das Verhältnis der Seite eines Quadrats zur Diagonalen desselben Quadrats.

species proportionum rationalium

Bedingt durch die Rechenverfahren von ungleichen, rationalen Verhältnissen unterscheidet man seit der Antike folgendermaßen:

„Es gibt fünf species der rationalen Verhältnisse, drei einfache und zwei zusammengesetzte [Verhältnisse]. Das sind die drei einfachen [Verhältnisse]: Das vielfache [Verhältnis], das superpartikulare [Verhältnis] und das suprapartiente [Verhältnis]. Die zusammengesetzten [Verhältnisse] sind aber [immer] vielfältig: Das vielfältig superpartikulare [Verhältnis] und das vielfältig suprapartiente [Verhältnis].“74

proportio mulitplex: „Daher ist das vielfältige Verhältnis ein Verhältnis, in dem die größere [Zahl] eine kleinere [Zahl] irgendwievielmal nur innehält, wie das Doppelte oder das Dreifache oder die 4. Denn sie beinhaltet die 2 zweimal. Und die 6 beinhaltet die 2 eben dreimal. Und daher ist zwischen jenen ein vielfältiges Verhältnis.“75

proportio superparticularis: „Das superpartikulares Verhältnis ist ein Verhältnis, in dem die größere [Zahl] die kleinere [Zahl] nur einmal beinhaltet und genau irgendeinen irgendwievielten Teil von ihr  wie das Verhältnis sechs zu 4. Denn 6 beinhaltet die 4 nur einmal und [ihre] Hälfte, die ein irgendwievielter Teil derselben 4 ist.“76

proportio suprapartiens: „Das suprapartiente Verhältnis ist aber ein Verhältnis, in dem die größere [Zahl] eine kleinere [Zahl] nur einmal beinhaltet und irgendwie viele irgendwievielte Teile von ihr. Diese machen zugleich keinen einzelnen irgendwievielten Teil von ihr aus, wie das Verhältnis, das zwischen 7 und 5 besteht. Denn die 7 beinhaltet nur einmal die 5 und zwei irgendwievielte Teile von ihr, nämlich zwei Einsen.“77

proportio multiplex superparticularis: „Aber das vielfältig superpartikulare Verhältnis ist jenes [Verhältnis], in dem die größere [Zahl] eine kleinere [Zahl] irgendwievielmal beinhaltet und dazu nur irgendeinen irgendwievielsten Teil von ihr wie das Verhältnis, das zwischen Neun und 4 besteht. Denn die 9 beinhaltet die 4 zweimal und einen Teil der Zahl Vier, nämlich die Eins.“78

proportio multiplex suprapartiens: „Das vielfältig suprapartiente Verhältnis aber ist jenes [Verhältnis], in dem die größere [Zahl] eine kleinere [Zahl] irgendwievielmal innehält und irgendwie viele irgendwievielte Teile von ihr. Diese [Teile] machen nicht [nur] einen irgendwievielten Teil von ihr aus wie das Verhältnis, das zwischen 11 und 4 besteht. Denn 11 beinhaltet die 4 zweimal und drei irgendwievielte Teile von derselben 4. Und jene [Teile] machen nicht einen irgendwievielten Teil derselben 4 aus.“79

quadratum perfectum

Quadratum wird im Liber de triplici motu sowohl für zweidimensionale als auch für dreidimensionale Körper verwendet. In der Übersetzung wurde „Quadrat“ für zweidimensionale Körper benutzt, während für dreidimensionale Körper der Term „Quader“ eingesetzt wurde. Als eine Sonderform des Quaders definiert Alvarus Thomas den vollendeten Quader:

„Ich nenne einen Quader vollendet, von dem alle Seiten gleich und alle Winkel rechte [Winkel und] gleich sind. Verstehe dies dennoch nicht [derart], dass ich sagen möchte, dass alle Seiten gleich sein müssen hinsichtlich jeder Dimension, sondern nur hinsichtlich Breite und Länge!“80

Naturphilosophische Begriffe

densitas

Siehe raritas et densitas.81

medium

Siehe medium im Abschnitt 7.2.1 Mathematische Begriffe.82

motus localis

Die lokale Bewegung wird unterschieden in motus localis quoad causam, also in Hinsicht auf die Ursache einer Bewegung, und in motus localis quoad effectum, die den Blickwinkel der Betrachtung auf die Wirkung einer Bewegung legt. Auch die augmentatio und in diesem Zusammenhang auch die rarefactio werden von Alvarus Thomas als species der lokalen Bewegung behandelt. Weiterhin unterscheidet Alvarus Thomas die gleichförmige und die ungleichförmige lokale Bewegung. Die gleichförmige Bewegung wird folgendermaßen definiert:

„Die gleichförmige lokale Bewegung ist [eine Bewegung], in der in gleichen [Teilen] einer Zeit gleiche Räume durchquert werden, wenn die Ausdünnung und die Verdichtung abgezogen werden und auch die anderen kleinen Kleinigkeiten, deren Art und Weise dagegen wirkt, eine Veränderung des Raums oder [etwas], was nämlich nicht irgendein Raum ist. Denn es genügt ein wahrer oder ein vorgestellter Raum; zum Beispiel wenn ein Bewegliches in genau einer Stunde eine Meile durchschreitet und zwar im ersten verhältnismäßigen Teil der Stunde den ersten verhältnismäßigen Teil der Meile, im zweiten [Teil der Stunde] den zweiten [verhältnismäßigen Teil der Meile] und folgerichtig so weiter.“83

Die ungleichförmige lokale Bewegung wird dagegen so beschrieben:

„Eine ungleichförmige Bewegung aber ist, wenn in gleichen Teilen der Zeit nicht die gleichen Räume durchquert werden. Die übrigen [Gegebenheiten] bleiben gleich, und [zwar] nach Abzug der abzuziehenden [Dinge], wie wenn ein Bewegliches in einer Stunde genau eine Meile durchschreitet, und zwar in der ersten Hälfte ein Viertel [der Meile] und in der zweiten [Hälfte] drei Viertel [der Meile]. Eine solche Bewegung ist ungleichförmig.“84

Die ungleichförmige Bewegung wird weiterhin differenziert in die gleichförmig ungleichförmige Bewegung und die ungleichförmig ungleichförmige Bewegung. Sie werden folgendermaßen beschrieben:

„Die gleichförmig ungleichförmige Bewegung – wie man gemeinhin den Begriff bestimmt – ist etwas Dreifaches: Einmal ist sie gleichförmig ungleichförmig in Bezug auf das Subjekt allein, die nächste [Weise] in Bezug auf die Zeit allein, auf die letzte [Weise] aber in Bezug auf das Subjekt und die Zeit zugleich. Die gleichförmig ungleichförmige Bewegung nach dem Subjekt – wie man gemeinsam den Begriff bestimmt – tritt auf, wenn die Hälfte jedes möglichen Teils eines Subjekts so viel in der Geschwindigkeit von dem schnelleren Extremum von ihr übertroffen wird, wie es das Extremum, das langsamer bewegt wird, in der Geschwindigkeit übertrifft. Zum Beispiel die Bewegung einer Töpferscheibe. Und unter der Hälfte verstehe man den Punkt in der Mitte oder einen, an dem es vorstellbar ist, dort abgegrenzt zu werden. Eine gleichförmig ungleichförmige Bewegung nach der Zeit tritt hervor, wenn von jedem möglichen, gemäß der Zeit angenommenen Teil, in dem genau an irgendeinem Teil der Zeit eine mittlere Stufe ist, die in der Mitte eines solchen Teils ist, das verminderte Extremum so viel übertrifft, wie es von dem erhöhteren [Extremum] übertroffen wird. Zum Beispiel, wenn irgendein Bewegliches beginnt, von keiner Stufe aus bewegt zu werden, indem es stetig gleichförmig seine Bewegung über irgendeine Zeit hinweg erhöht, dann ist eine solche Bewegung gleichförmig ungleichförmig nach der Zeit. Eine gleichförmig ungleichförmige Bewegung nach der Zeit und nach dem Subjekt wird bestimmt, indem man die definitiones der gleichförmig ungleichförmigen Bewegung nach der Zeit und nach dem Subjekt vereinigt.“85

Und weiter heißt es: „Eine ungleichförmig ungleichförmige Bewegung kann gemeinhin [so] aufgeteilt werden: Die eine [Weise] der ungleichförmig ungleichförmigen Bewegungen ist ungleichförmig ungleichförmig nach der Zeit, die andere [Weise] nach dem Subjekt und die letzte [Weise] nach der Zeit und dem Subjekt zugleich.“86

potentia

Siehe virtus et potentia.87

raritas et densitas

Raritas wurde nicht übersetzt, densitas allerdings mit dem im Deutschen gebräuchlichen Term „Dichte“. Bedeutsam für die Verwendung dieser Terme ist die Diskussion bei Alvarus Thomas, wie sie verwendet werden. Es geht um die Frage, ob sie positive oder privitive Größen sind. Desweiteren wird im Liber de triplici motu diskutiert, ob Dichte und raritas eine Qualität sei oder ob sich der Term nur auf die Quantität eines Stoffes beziehe. Alvarus Thomas kommt zu folgendem Schluss:

„Dünn ist, was unter einer großen Qualität wenig an Materie beinhaltet. Dicht ist aber, was unter einer kleinen Qualität viel an Materie beinhaltet, und so beschreibe [ich] ,Dünn‘ und ,Dicht‘. Daher sei gegeben, dass A keine Qualität habe und neben der endlichen Quantität beinhalte [A] eine endliche Materie. Bis hierher wäre [A] dünn und dicht, wie es leicht aus der Beschreibung des Dünnen und des Dichten abgeleitet wird. Daher sind die raritas und die Dichte weder Qualitäten, noch verhalten sie sich positiv.“88

virtus et potentia

Das Verhältnis von virtus zu potentia wird bei Alvarus nicht eindeutig definiert. Generell kann man sagen, dass jede potentia eine virtus ist, aber anscheinend nicht umgekehrt. Häufig werden virtus und potentia von Alvarus Thomas scheinbar synonym gebraucht, zum Beispiel wo es heißt:

„Wenn irgendeine potentia irgendein Bewegliches durch irgendeinen Raum in irgendeiner Zeit bewegt, wird dieselbe virtus die Hälfte jenes Beweglichen durch denselben Raum in einer durch 2 geteilten Zeit bewegen.“89

Im vierten Traktat des dritten Teils heißt es: „Das Vermögen einer Sache ist nichts anderes als die Sache, die zum Handeln fähig ist.“90

velocitas

Die Geschwindigkeit ist für Alvarus Thomas in Bezug auf die alteratio etwas Dreifaches. Es heißt:

definitio der motus alterationis: „Daher ist die Bewegung der alteratio eine Bewegung in Bezug auf eine Qualität, durch die nämlich eine Qualität zu irgendeinem [Subjekt] sukzessiv erwirbt oder verliert, wie es durch den Philosophen im ersten [Buch] über die generatio mit dem Text 10 des Kommentars offensichtlich ist und beim Postprädikamentum zur Bewegung.“91

definitio der velocitas alterationis activae: „Aber die Geschwindigkeit einer aktiven alteratio ist das alterative Vermögen, das sukzessiv eine Qualität erzeugt oder korrumpiert.“92

definitio der velocitas alterationis passivae: „Aber die Geschwindigkeit einer passiven alteratio ist ein Subjekt, in dem sukzessiv eine Qualität erzeugt oder korrumpiert wird.“93

definitio der velocitas alterationis formalis: „Aber die Geschwindigkeit einer formalen alteratio ist die Qualität selbst, die sukzessive erzeugt oder in irgendeinem Subjekt korrumpiert wird.“94

Als velocitas totalis oder auch velocitas tota oder velocitas totius subiecti wird die Durchschnittsgeschwindigkeit bezeichnet.95 In Anlehnung an die lateinische Terminologie wurde in der Übersetzung Gesamtgeschwindigkeit verwendet. Der Term wird von Alvarus Thomas vor allen Dingen bei der gleichförmig ungleichförmigen Bewegung verwendet. So heißt es:

„Eine gleichförmig ungleichförmige Bewegung nach dem Subjekt hat gemäß der mittleren Stufe zwischen der höchsten [Stufe] und der untersten [Stufe] oder keiner Stufe kommensurabel berechnet zu werden, wo auch immer eine solche Stufe ist. Das ist offensichtlich: Eine andere Weise, die Gesamtgeschwindigkeit einer gleichförmig ungleichförmigen Bewegung nach dem Subjekt zu ermitteln, scheint es nicht zu geben.“96

Fußnoten

Zu den Editionsrichtlinien des lateinischen Textes lese auch S. 151.

Siehe S. 112.

Siehe S. 112.

Vgl. Muñoz Delgado 1976, S. 979.

Zum Begriff vgl. Nobis and Gabriel 1972, S. 31.

Lorenz 2004, S. 1521.

Aristot.top. 102a.31f. Vgl. dazu Baumgartner et.al. 1974, S. 24-27.

Siehe S. 112.

Vgl. dazu: Engelhardt et.al. 1995, S. 1315.

Vgl. Kranz et.al. 1989, S. 1148.

Vgl. dazu Borsche et.al. 1984, S. 379f.

Siehe dazu auch S. 55-57.

[...] medium inter duo inaequalia est medietas aggregati ex eis. Thomas 1509, S. 21.

Zum Beispiel Thomas 1509, S. 75: Cuius inquisitioni praemittatur pro basi et fundamento talis suppositio.

[...] nullum quadratum perfectum posset uniformiter diminui ad non quantum, quando trina eius dimensio, puta longitudo, latitudo et profunditas, uniformiter a non quanto diminuuntur. Thomas 1509, S. 207.

Siehe S. 110.

Siehe S. 117.

Pariter par numerus est, qui potest in duo paria dividi, eiusque pars in alia duo paria partisque pars in alia duo paria, ut hoc totiens fiat, usquedum divisio partium ad indivisibilem naturaliter perveniat unitatem. Boeth.arith. I.9.

Sequitur ulterius proportiones duplam, quadruplam, octuplam, sexdecuplam, trigecuplam secundam et sic consequenter a[]scendendo per numeros pariter pares esse terminos continuo proportionabiles arithmetice, quoniam continuo illae proportiones se excedunt per aequalem proportionem, puta duplam. Nam quadrupla excedit duplam per duplam, et octupla excedit quadruplam etiam per duplam, et similiter sexdecupla excedit octuplam per duplam, igitur illae proportiones continuo sunt proportionabiles arithmetice. Thomas 1509, S. 17.

[...] ad inveniendum residuum a prima parte proportionali quavis proportione rationali corpus dividatur, capiantur primi numeri talis proportionis, et dividatur corpus in tot unitates, quotus est numerus maior illius proportionis, et ex illis partibus pro residuo a prima parte capiantur tot, quotus est numerus minor talis proportionis. Thomas 1509, S. 10.

[...] potentia rei non attenditur penes multitudinem materiae, quia tunc sequeretur, quod ubicumque esset plus de materia, ibi plus esset de potentia activa ipsius rei. (De potentia enim activa loquimur,) sed consequens est falsum, igitur illud, ex quo sequitur. Thomas 1509, S. 222.

Siehe S. 113.

[...] et non putat homo sua termin[i]s clausa intelligentia et finita capacitate universalem rerum naturalium amplitudinem difformes monstruosasque motiones amplecti atque comprehendere. Thomas 1509, S. 164. Das Beispiel findet sich nicht in der gekürzten Übersetzung.

Dices et bene distinguendo, quod philosophus opinatus fuerit qualitates contrarias esse incompossibiles aut corporales – et sic nego – aut spirituales et in extensas, cuiusmodi est volitio et nolitio, assensus unius contradictorii et dissensus eiusdem, scientia actualis et opinio actualis respectu eiusdem – et sic bene concedo, quia tales in quibuscumque gradibus repugnant, corporales vero minime. Thomas 1509, S. 249.

Generatio infinitorum specierum proportionis irrationalis. Marginalie, Thomas 1509, S. 8.

Quoniam iam superest ponere aliquas conclusiones de velocitate et tarditate motus penes causam in medio non resistente, in quo est progressio, generatio sive extensio latitudinis resiste[n]tiae partibiliter quoad subiectum. Thomas 1509, S. 110. (Diese Stelle ist nicht im strukturierten Abriss.)

Siehe S. 116.

[...] proportio quadratorum perfectorum et aeque profundorum uniformiter est proprortio costarum duplicata. Et voco quadratum perfectum, cuius omnes costae sunt aequales, et omnes anguli recti aequales. Non intelligas tamen, quod velim dicere, quod omnes costae debent esse aequales secundum omnem dimensionem, sed satis est secundum latitudinem et longitudinem. Thomas 1509, S. 137.

Knebel 1995, S. 1390.

Siehe dazu auch Maier 1952, S. 257-264.

Siehe S. 120.

Die Terme werden eigenständig im Glossar aufgeführt.

Brague 1990, S. 2.

Vgl. Abriss, S. 191.

Ein Beispiel der Verwendung findet sich im Glossar beim Begriff activitas, S. 115.

Et ratio est, quia velocitas motus alterationis non debet attendi penes qualitatem sive multitudinem graduum qualitatis productae in eodem tempore absolutae, sed in ordine ad subiectum, quod alteratur, ita quod quanto subiectum fuerit maius, tanto velocitas alterationis erit maior ceteris paribus. Thomas 1509, S. 215.

Dico igitur cum calculatore in capitulo de potentia rei, quod potentia activa rei essentialis attenditur penes multitudinem formae i[n] materia. Thomas 1509, S. 222.

Aristot.metaph. V 13, 1020a 7 – 11.

Beispielsweise Thomas 1509, S. 66. Dort heißt es: [...] possibile est, quod potentia ut 4 pertranseat resistentiam difformem in tempore finito, cuius prima pars proportionalis est uniformiter difformis a duobus usque ad tertium, et secunda etiam uniformiter difformis a tertio usque ad tertium cum dimidio et sic consequenter usque ad quartum exclusive.

Eine Definition von Verhältnissen der Gleichheit und der Ungleichheit finden sich im Glossar unter dem Stichwort proportio, S. 124.

Vgl. Schramm et.al. 1989, Sp. 1497.

[...] commensurabilia sive in proportione rationali se habentia sunt illa, quorum idem est pars aliquota ut 4 et 2, pedale et bipedale. Unitas enim est pars aliquota et duorum et quatuor, et medietas pedalis est pars aliquota et pedalis et bipedalis. Haec est definitio commensurabilium in principio decimi elementorum Euclidis. Thomas 1509, S. 39.

[...] illae proportiones dicuntur commensurabiles, quarum eadem proportio est pars aliquota. Thomas 1509, S. 39.

[...] denominatio alicuius proportionis est illa, quae sumitur a maiori primorum terminorum talis proportionis, ut denominatio duplae sumitur a binario, qui est maior terminorum primorum proportionis duplae, et denominatio sesquialterae ab unitate cum dimidio. Thomas 1509, S. 29.

[...] omnes proportiones sunt aequales, quarum denominationes sunt aequales, et illa maior, cuius denominatio est maior, et illa minor, cuius denominatio minor. Illa autem denominatio dicitur maior, quae sumitur a maiori numero cum fractione vel sine vel ab unitate cum maiori fractione. Thomas 1509, S. 30.

[...] proportio quadratorum superficialium est proportio costarum dublicata. Hoc est, si inter costas duorum quadratorum superficialium sit aliqua proportio maioris inaequalitatis, inter quadrata erit proportio dupla ad illam, quae est inter costas signatorum quadratorum, ut si inter costas duorum quadratorum inaequalium superficialium fuerit proportio dupla, inter quadrata erit proportio quadrupla. Thomas 1509, S. 6.

Siehe S. 120.

Siehe S. 128.

[...] medium est, quod aequali intercapidine distat ab utroque extemorum, ut numerus ternarius est medium inter quaternarium et binarium, quia aequali excessu sive aequali differentia ab utroque illorum distat, puta unitate. Thomas 1509, S. 19.

Sed contra utramque solutionem arguitur sic: quia si hoc esset verum videlicet, quod in casu posito eadem potentia vel aequalis continuo velocius movetur per resistentiam consimilis intensionis in medio maiori quam in minori, sequeretur, quod possibile esset, quod eadem potentia aeque cito pertransiret medium duplum sicut medium subduplum, per quod tardius movetur, dummodo illa media essent omnino eodem modo qualificata per eandem resistentiam uniformiter difformem. Thomas 1509, S. 106.

[...] primi termini alicuius proportionis sunt illi, qui in sua proportione sunt minimi. Minimi autem termini alicuius proportionis – et loquor tam in quantitate continua quam discreta – sunt, quorum minor denominatur ab unitate, maior vero a numero vel numero cum fractione vel unitate cum fractione. Thomas 1509, S. 29.

Boeth.arith. I.9. Dort wird der Term allerdings noch als quota pars bezeichnet: Illud autem non minima consideratione dignum est, quod eius omnis pars ab una parte quacunque, quae intra ipsum numerum est, denominatur tantamque summam quantitatis includit, quota pars est alter numerus pariter paris illius, qui eum continet, quantitatis.

Ex quo sequitur, quod cuiuslibet numeri ad quemlibet alium numerum est proportio rationalis, quoniam cuiuslibet numeri unitas est pars aliquota. Unde pars aliquota est illa, quae aliquoties sumpta reddit suum totum adaequate, ut unitas est pars aliquota numeri quarternarii, quoniam unitas ter sumpta adaequate constituit ternarium, et quater sumpta quaternarium. Et dualitas est pars aliquota numeri octonarii, quoniam dualitas quater sumpta adaequate numerum octonarium constituit. Ex quo patet, quod dualitas non est pars aliquota numeri septenarii, quoniam non aliquoties sumpta reddit illud totum adaequate. Thomas 1509, S. 3f.

Vgl. Schramm et.al. 1989, S. 1482.

Die Definition lautet bei Boëthius: [...] proportio est duorum terminorum ad se invicem quaedam habitudo. Boeth.arith. II.40. Die Literaturangabe von Alvarus Thomas im folgenden Zitat mit Verweis auf das erste Buch der Arithmetik von Boëthius stimmt nicht.

Omnis numerus et similiter omnis qu[an]titas ad alium numerum relatus (ut ait Nicomachus et Boethius in primo arithmeticae) aut est ei aequalis aut inaequalis. Si est aequalis, constituit proportionem aequalitatis, si vero inaequalis, ex eo cum altero inaequalitatis proportio consurgit. Unde proportio est duorum numerorum vel duarum quantitatum unius ad alteram certa habitudo ut habitudo, quae est inter quatuor et 4, et [ea], quae est inter duo et quatuor, et [ea], quae est inter bipedale et pedale. Proportio enim est terminus collectivus pro duabus rebus et signanter quantis vel pro pluribus supponens connotando ipsas esse aequales vel unam alteram aliquo excessu excedere. Thomas 1509, S. 3.

Unde ista consequentia nihil valet: haec proportio est una proportio, ergo est unum ens, quia demonstrato pedali et bipedali non constituentibus unum de illis est verum dicere, quod sunt aliqua proportio, puta dupla, et tamen illa duo non sunt unum ens. Thomas 1509, S. 3.

Duplex autem est proportio, quia quaedam est proportio aequalitatis, alia vero inaequalitatis. Thomas 1509, S. 3.

Proportio aequalitatis est habitudo duarum quantitatum vel numerorum aequalium ut habitudo, quae est inter 8 et 8, pedale et pedale. Et sumatur hic quantitas tam pro quantitate molis quam pro quantitate virtutis, ut capit beatus Augustinus quinto de trinitate. Thomas 1509, S. 3.

Augustinus 1935, S. 192f. Übersetzung des Textes Aug.trin. 5.6.

Sed proportio inaequalitatis est duarum quantitatum vel numerorum unius ad alterum certa habitudo ut proportio, quae est inter 2 et 4, pedale et bipedale. Item proportionum inaequalitatis quaedam est maioris inaequalitatis, quaedam vero minoris. Thomas 1509, S. 3.

Proportio maioris inaequalitatis est habitudo maioris quantitatis ad minorem ut habitudo, quae est inter quattuor et 2. Thomas 1509, S. 3.

Sed proportio minoris inaequalitatis est habitudo minoris quantitatis ad maiorem ut habitudo duorum ad 4. Thomas 1509, S. 3.

Ex quo sequitur, quod pro eisdem supponunt isti duo termini proportio maioris inaequalitatis et proportio minoris inaequalitatis. Connotat tamen iste terminus proportio maioris inaequalitatis, quod numerus maior excedat minorem. Iste vero terminus proportio minoris inaequalitatis connotat, quod numero minor sive quantitatis minor exceditur [] a maiore. Quandoque tamen proportio maioris inaequalitatis non capitur pro aggregato ex numeris proportionem habentibus inaequalitatis, sed pro maiore numero, proportio vero minoris inaequalitatis pro minore. Et isto modo non sunt termini convertibiles. Nam isto modo capiendo, si 8 comparentur ad 4, 8 sunt proportio maioris inaequalitatis et 4 minoris inaequalitatis. Thomas 1509, S. 3.

Item proportio inaequalitatis est duplex, quia quaedem est rationalis, et quaedam irrationalis. Thomas 1509, S. 3.

Proportio rationalis est illa proportio, quae immediate denominatur ab aliquo certo numero vel numerorum fract[i]one ut dupla, sesquialtera et cetera. Alio modo proportio rationalis est duarum quantitatum sic se habentium, quod idem est pars aliquota utriusque, idem inquam ad bonum sensum. Thomas 1509, S. 3.

Proportio autem irrationalis est illa, quae non immediate ab aliquo numero denominatur. Alio modo proportio irrationalis est duarum quantitatum ita se habentium, quod nulla pars aliquota unius est pars aliquota alterius ut proportio, quae est inter diametrum et costam sui quadrati. Nam diameter excedit costam et non aliquoties nec per aliquam partem aliquotam vel per aliquas partes aliquotas, ut inferius probabitur in capitulo de proportione irrationali. Thomas 1509, S. 4.

Proportionalitas iuxta Nicomachi sententiam plurimum ad astrologiam, musicam veterumque lectiones intelligendas confert. Sed profecto ad physicam physicasque calculationes non minus conducit. Ad cuius intelligentiam advertendum est differentiam esse inter proportionem et proportionalitatem. Proportio enim, ut dictum est, habitudo est duarum quantitatum ad invicem comparatarum. De qua superius dictum est. Sed proportionalitas est duarum proportionum vel plurium unius ad alteram certa habitudo. Ita ut proportio, habitudo sit numerorum sive quantitatum, proportionalitas vero proportionum collatio existat. Sicut enim numeri ad invicem comparantur in maioritate et in minoritate, ita proportiones ad invicem in maioritate et minoritate referuntur. Thomas 1509, S. 17.

Nascitur hinc omnem proportionalitatem proportionem esse, quamvis non omnis proportio proportionalitas existat. Patet hoc correlarium ex se. Nam proportio aut genus aut [pro] loco generis se habet, cum huic termino proportionalitas comparatur. Thomas 1509, S. 17.

Et adverte, quod in proposito idem est medietas aequalitas et proportionalitas, et eodem modo definiuntur. Medietas enim est duarum vel plurium proportionum unius ad alteram certa habitudo ut habitudo, quae est inter proportionem duplam et quadrup[l]am. Thomas 1509, S. 17.

[...] apud recentiores mathematicos undecim sunt proportionalitates sive medietates, quarum ultima perfectissima est, quam in ea omnes consonantiae musicales simplices reperiuntur. Sed apud antiquos tres proportionalitates famatae reperiuntur, videlicet arithmetica, geometrica et musica sive harmonica. Thomas 1509, S. 17.

Proportionum autem rationalium 5 sunt species, tres simplices et duae compositae. Simplices sunt istae: multiplex, superparticularis et suprapartiens. Compositae vero sunt multiplex, multiplex superparticularis, multiplex suprapartiens. Thomas 1509, S. 4.

Unde proportio multiplex est proportio, qua maius continet minus aliquoties ta[n]tum ut dupla, tripla. 4 enim continent 2 bis, et 6 continent 2 ter tantum. Et ideo inter illos numeros est proportio multiplex. Thomas 1509, S. 4.

Proportio vero superparticularis est proportio, qua maius continet minus semel tantum et aliquam partem eius aliquotam adaequate ut proportio sex ad 4. Nam 6 continet 4 semel tantum et medietatem, quae est pars aliquota ipsorum 4. Thomas 1509, S. 4.

Proportio autem suprapartiens est proportio, qua maius continet minus semel tantum et aliquot partes eius aliquotas, quae simul non faciunt aliquam eius partem aliquotam, ut proportio, quae est inter 7 et 5. Nam 7 continent 5 semel tantum et duas partes eius aliquotas, puta duas unitates. Thomas 1509, S. 4.

Sed proportio multiplex superparticularis est illa, qua maius continet minus aliquotiens et cum hoc aliquam eius partem aliquotam tantum ut proportio, quae est inter novem et 4. Nam 9 continent 4 bis et unam partem numeri quaternarii, puta unitatem. Thomas 1509, S. 4.

Proportio autem multiplex suprapartiens est illa, qua maius continent minus aliquotiens et aliquot partes eius aliquotas, quae non faciunt unam eius partem aliquotam ut proportio, quae est inter 11 et 4. Nam 11 continent 4 bis et tres partes aliquotas ipsorum 4, et illae non faciunt aliquam partem aliquotam ipsorum 4. Thomas 1509, S. 4.

Et voco quadratum perfectum, cuius omnes costae sunt aequales, et omnes anguli recti aequales. Non intelligas tamen, quod velim dicere, quod omnes costae debent esse aequales secundum omnem dimensionem, sed satis est secundum latitudinem et longitudinem. Thomas 1509, S. 137.

Siehe S. 132.

Siehe S. 122.

Motus localis uniformis est, quo in aequalibus temporis aequalia spatia pertranseuntur rarefactione et condensatione deductis, deductis etiam aliis parvis quisquiliis, cuiusmodi est contra, mutatio spatii vel [id], quod non sit aliquod spatium, sufficit enim verum vel imagina[t]um spatium. Exemplum, ut si mobile in hora adaequate pertranseat leucam. Et in prima parte proportionali horae primam partem proportionalem leucae, in secunda secundam et sic consequenter. Thomas 1509, S. 126.

Motus vero difformis est, quando in aequalibus partibus temporis non aequalia spatia pertranseuntur ceteris paribus deductis deducendis, ut si mobile pertranseat in hora adaequate leucam, in prima medietate unam quartam et in secunda tres quartas, talis motus est difformis. Thomas 1509, S. 126.

Motus uniformiter difformis – ut communiter definitur – est triplex, quidam est uniformiter difformis quoad subiectum tantum, quidam quoad tempus tantum, quidam vero quoad subiectum et tempus similiter. Motus uniformiter difformis quoad subiectum – ut communiter definitur – est, quando cuiuscumque partis subiecti dimidium tantum exceditur in velocitate ab extremo velociori illius, quantum excedit extremum tardius motum in velocitate. Exemplum ut motus rotae figuli, et per dimidium intelligas punctum in medio vel [eum], qui imaginarie est, ibi termin[]ando. Motus vero uniformiter difformis quoad tempus est, quando cuiuscumque partis acceptae secundum tempus, in qua adaequate est in aliqua parte temporis gradus medius, qui est in medio talis partis, tanto excedit extremum remissius, quanto exceditur ab intensiori. Exemplum, ut si aliquod mobile incipiat moveri a non gradu continuo intendendo uniformiter motum suum per aliquod tempus, tunc talis motus est uniformiter difformis quoad tempus. Motus autem uniformiter difformis quoad tempus et quoad subiectum definitur coniungendo definitiones motus uniformiter difformis quoad tempus et quoad subiectum. Thomas 1509, S. 126.

Motus autem difformiter difformis consimiliter dividi potest, videlicet motuum difformiter difformium, alius est difformiter difformis quoad tempus, alius quoad subiectum, alius quoad tempus et subiectum simul. Thomas 1509, S. 126.

Siehe S. 132.

[...] rarum est, quod sub magna quantitate continet parum de materia, densum vero est, quod sub parva quantitate continet multum de materia, et hoc describendo rarum et densum, ergo dato, quod A nullam qualititatem haberet et sub finita quantitate finitam materiam contineret, ad huc illud esset rarum et densum, ut facile deducitur ex descriptione rari et densi, igitur raritas et densitas non sunt qualitates nec positivae se habent. Thomas 1509, S. 172.

[...] si aliqua potentia moveat aliquod mobile per aliquod spatium in aliquo tempore, eadem virtus movebit medietatem illius mobilis per idem spatium in subduplo tempore. Thomas 1509, S. 59.

[...] potentia rei nihil aliud est quam ipsa res potens ad agendum. Thomas 1509, S. 222.

Unde motus alterationis est motus ad qualitatem, per quem videlicet alicui successive acquiritur aut deperditur qualitas, ut patet per philosophum primo de generatione textu commenti 10. et in postpraedicamento motus. Thomas 1509, S. 221.

Sed velocitas alterationis activae est potentia alterativa successive qualitatem producens vel corrumpens. Thomas 1509, S. 221.

Velocitas vero alterationis passivae est subiectum, in quo successive producitur aut corrumpitur qualitas. Thomas 1509, S. 221.

Sed velocitas alterationis formalis est ipsa qualitas, quae successive producitur aut corrumpitur in aliquo subiecto. Thomas 1509, S. 221.

Zum Beispiel: „[...] totius velocitas conficitur ex partium velocitatibus, et velocitatis denominatio ex utriusque medietatis denominationibus constatur.“ Thomas 1509, S. 127.

[...] motus uniformiter difformis quoad subiectum commensurari habet penes gradum medium inter summ[um] et infimum vel non gradum, ubicumque sit talis gradus. Patet, quia non videtur alius modus cognoscendi totalem velocitatem motus uniformiter difformis quoad subiectum. Thomas 1509, S. 129.